Der Mob und die Bots

“Du und Killer-Kalle werden heute zusammenarbeiten”, sagte der Don und zeigte auf einen erstaunlich dürren Burschen schräg rechts von mir.
“Was ist der Auftrag?”
“Erzählt dir Kalle auf dem Weg.”

Wir stiegen in den Wagen ein. Er machte auf mich keinen besonders vertrauenswürdigen Eindruck. Rostig war er zwar nicht zu sehr, aber die Innenverkleidung war zum großen Teil rausgerupft und durch so unscheinbare Teile wie Maschinenpistolen und Raketenwerfer ersetzt. Statt einer Rückbank hing ein Netz im Wagen, wohl für Hunde. Selbst die Anschnallgurte waren nicht mehr vorhanden, stattdessen sollte man sich mit dürren Kabeln festscshnallen. Vielleicht, damit man im Falle eines Unfalls erst recht gevierteilt wird und keine Informationen an die Polizei weitergeben konnte. In Anbetracht der vielen Sachen konnte ich mir schon vorstellen, was uns in etwa erwartete, aber ich guckte Kalle trotzdem erwartungsvoll an. Er reagierte nicht. Den Blick starr nach vorn gerichtet fuhr er los.

“Du, Kalle…”
Kalle reagierte nicht. Merkwürdiger Kerl.
“Warum nennen sie dich Killer-Kalle?”
“Ich werde Killer-Kalle genannt, weil ich Menschen töte.”
Da wäre ich fast auch selbst drauf gekommen.
“Was ist unser Auftrag?”
“Unser Auftrag ist: In Gebäude eindringen und Zielpersonen eliminieren.”
“Geht das auch noch etwas genauer?”
Kalle schwieg. Ich bekam Rückenschmerzen davon, diese Konversation zu tragen. Kalle interessierte das nicht. Er guckte weiterhin stur nach vorn.

“Vorsicht, die Ampel ist rot!”
Kalle fuhr trotzdem gerade rüber. Reifen quietschten, Autos hupten, doch Kalle guckte stur nach vorn.
“Bist du irre? Warum bist du da gerade einfach rüber gebrettert?”
“Es war kein Auto in Reichweite, das uns hätte treffen können.”
“Woher weißt du das denn, du guckst dich doch nicht mal um!”
“Ich gucke immer um.”
“Hä?”
“Wir sind da.”
Wir standen vor einem großen, runden Gebäude. Ich hatte es vorher schon mal gesehen, wusste aber nicht, in welchem Kontext. Vielleicht irgend ein Stadion aus der Sportschau.

“Was ist jetzt genau unsere Zielperson?”
“Alle.”
“Nichts leichter als das”, sagte ich und griff zum Raketenwerfer.
“Nein.”
“Was sonst?”
“Öffne das Fenster.” Sehr witzig. Das ganze Gebäude war ein einziges großes Fenster, zusammengehalten mit ein paar Stahlstreben.
“Welches Fenster?”
“Alle.”
Also doch der Raketenwerfer.

BOOM!
Tausend Fenster zerflogen in noch mehr Stücke. Ich drehte mich wieder zu Kalle um
“Und jetzt?”
Irgendwas summte im Kofferraum.
“Sind das Bienen?”
“Nein.”
Ich drehte mich um und versuchte, einen besseren Blick nach hinten zu bekommen. Die Bienen waren Drohnen. Also, welche von der ferngesteuerten Art. Sie flogen in gerader Linie vom Kofferraum in das Gebäude, vorbei an den heraneilenden Polizisten.
“Die Bullen kommen!”, rief ich.
“Nein.”
“Wie, nein? Das ist ein Fakt! Fahr los, sonst umzingeln sie uns!”

Doch es war zu spät. Direkt der erste Schuss traf Kalle. Ich verkroch mich um Fußraum. Weitere Schüsse krachten. Das Summen der Drohnen hörte urplötzlich auf. Ich guckte Kalle an.
Sein Gesicht war aufgeklappt, ein Display war zu sehen. Auf ihm stand:

/**********************
* MOB-OS 4.2-23~1337 *
**********************/

root@iot:~# make mission
{"mission":"töten",
"details":{
"gebäude":"eu-parlament",
"person": true,
"grund":"urheberrechtsverletzung",
"methode":"TlO2gcs1YvM"
}
}
E: WLAN_MODULE DISCONNECT
E: CANNOT CONTINUE MISSION
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